Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg (IFFMH)

Das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg (IFFMH) entdeckt und fördert insbesondere junge Filmkünstler:innen. Es fungiert als lebendige Plattform des kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Dialogs durch Filmkunst seit 1952, was es nach der Berlinale zum traditionsreichsten Filmfestival in Deutschland macht.

Das IFFMH ist spezialisiert darauf, jährlich neue Regietalente zu präsentieren. Zu den ehemaligen Newcomern aus Mannheim-Heidelberg zählen François Truffaut, Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Marion Hänsel, Jim Jarmusch, Atom Egoyan, Angela Schanelec, Thomas Vinterberg, Derek Cianfrance, Hong Sang-soo, Isabelle Stever und Guillaume Nicloux.

Das IFFMH feiert erzählerischen und ästhetischen Wagemut sowie Innovation. Das Festival versteht sich als Trendscout und Kompass. Im CUTTING EDGE TALENT CAMP werden Newcomer gefördert, im dotierten Wettbewerb ON THE RISE prämiert. Hier und in der zweiten Hauptsektion PUSHING THE BOUNDARIES präsentiert das Festival Visionäres und öffnet Horizonte. Was sich in der interdisziplinären Sektion FACING NEW CHALLENGES an der Schnittstelle zur bildenden und darstellenden Kunst fortsetzt.

Mit seinem integrierten Kinderfilmfestival erschließt es die Kulturpraxis Kino für die nächste Generation. Und mit seiner Hommage und insbesondere seiner Retrospektive belebt das IFFMH Historisches neu. Damit stellt es insgesamt einen sozialen Erlebniskontext her und schafft zudem als Vermittler und Vernetzer verschiedener Kulturszenen Räume zum Austausch von Filmschaffenden und Publikum.

Gegründet von der Stadt Mannheim und der Filmarbeitsgemeinschaft der Abendakademie

Mannheim als Mannheimer Kultur- und Dokumentarfilm-Woche hat sich das IFFMH seit Anbeginn der Förderung von Filmkultur und dem Kino als Ort des gesellschaftlichen Diskurses verschrieben. Seit 1994 auch in der Nachbarstadt Heidelberg beheimatet, verbindet es heute alle Kinos der beiden Kommunen und adressiert so das regionale Publikum wie Vertreter der nationalen und internationalen Filmbranche.

(Sascha Keilholz, Frédéric Jaeger)

Die kommende Ausgabe des Festivals findet
vom 17. bis zum 27. November 2022 statt.

iffmh.de >>

Exzerpt aus Buch / Leseprobe

Auszug aus dem Werkstattgespräch „Festivals als Organismus – physische Dynamiken, digitale Reize“ von Sascha Keilholz und Frédéric Jaeger (Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg – IFFMH)

Das Berlinale-Dilemma – Der Kampf ums richtige Format

(Sascha Keilholz) Die Entscheidung der Berlinale, ihr Branchentreffen, den European Film Market, ausschließlich digital durchzuführen, das Festival selbst aber trotz der pandemischen Lage rein physisch, führte zu hitzigen Debatten. Während die einen die Relevanz von kulturellen Großveranstaltungen auch während der Pandemie betonen, sehen die anderen das gesundheitliche Risiko. Darüber hinaus wurde insbesondere von einigen Journalist:innen der Wunsch laut, das Festival solle ihnen die Angebote auch oder ausschließlich digital verfügbar machen. Als Vorbild wurde das Sundance Filmfestival genannt, welches der Presse und Industrie den digitalen Zugang zu einem relevanten Teil des Programms weltweit angeboten hatte. Die Gegenseite argumentierte, es gäbe kein automatisches Anrecht auf das gesamte Programm online, was rechtlich auch gar nicht möglich sei. Wie bewertest du diese Auseinandersetzung?

(Frédéric Jaeger) Ich habe den Eindruck, dass es aktuell viele gegensätzliche Positionen gibt in der Wahrnehmung, wie Festivals funktionieren (sollen). Was damit zu tun hat, dass die Situation, in der wir uns befinden, also die Pandemie und unser Umgang damit, von ständigen Veränderungen und Widersprüchen gekennzeichnet ist.

Festivals müssen sich adaptieren und sind, je nach ihrem Profil und ihren Prinzipien, auf unterschiedliche Weise mit der Frage konfrontiert, bis wohin diese Prinzipien reichen, wie absolut man sie verstehen muss und wo Kompromisse sinnvoll sind. Ich habe den Eindruck, dass die aktuelle Situation eine sehr besondere ist, weil die Pandemie sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Auf der einen Seite haben wir im Frühjahr 2022 die höchsten Inzidenzzahlen seit Beginn der Pandemie und auf der anderen Seite gibt es viele Gründe, eine Entwarnung für die große Mehrheit der Bevölkerung, die geimpft und geboostert ist und keine Vorerkrankungen hat, zu geben.

Insofern ist die Wahrnehmung von dem, was ein Kulturevent dieser Größenordnung zu diesem Zeitpunkt in der Pandemie bedeutet, extrem davon abhängig, welche Perspektive man auf Corona einnimmt.

Für uns spannender ist die Frage, was es heißt, sich als Festival in dieser Situation aufzustellen. Die Strategie der Berlinale ist insofern interessant, als dass sie sich klassischerweise stark bemüht, Trends darzustellen und mit der Zeit zu gehen. Sie ist ein extrem breit aufgestelltes Festival, das alles abbilden möchte. Allerdings trifft dieses Selbstverständnis auf die Vorstellung vom Festival als einem exklusiven Raum, mit allem Premierenbrimborium, das dazu gehört, und einer klassischen Form von Cinephilie, die den Kinoraum als Ort einer unvergleichlichen Erfahrung sakralisiert. Mir ist das durchaus sympathisch, nicht nur weil es viel mit meiner eigenen Kinosozialisierung zu tun hat. Der Wirklichkeit, der aktuellen Beschäftigung mit Filmen und den Trends im Kinobereich entspricht das aber nicht.

Macher:innen

(c) Florian Greiner

Dr. Sascha Keilholz

leitet seit 2019 als künstlerischer und kaufmännischer Geschäftsführer der Filmfest Mannheim gGmbH das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Von 2009-2019 verantwortete er Heimspiel – Das Regensburger Filmfest, von 2004-2011 agierte er als stellvertretender Chefredakteur für critic.de. 2000-2010 arbeitete er als Lektor für den NDR, 2007-2019 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medienwissenschaft in Regensburg. Zudem war er für das Filmmuseum Deutsche Kinemathek sowie die Verleihfirmen Alamode und MFA aktiv.

(c) Sebastian Weindel

Frédéric Jaeger

studierte Filmwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit 2004 ist er Chefredakteur von critic.de. Publikationen als Filmkritiker unter anderem in Berliner Zeitung, Spiegel Online, taz, Der Freitag, Die Presse und Kolik.Film. Jurymitglied unter anderem in Cannes, Venedig, Turin, Marseille, Locarno und Oberhausen. Seit 2013 ist er geschäftsführender Vorstand des Verbands der deutschen Filmkritik. Von 2015 bis 2020 war er Künstlerischer Leiter der Woche der Kritik Berlin. Beim IFFMH ist er seit der 69. Ausgabe für die Programmorganisation und den Wettbewerb ON THE RISE verantwortlich.