DOK.fest München (Internationales Dokumentarfilmfestival München)

Durch eine Initiative der bayerischen Sektion der AG DOK wurde das Festival 1985 gegründet und blieb bis heute seinem Ziel treu, den gesellschaftlich relevanten und künstlerisch wertvollen dokumentarischen Film einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Die erste Festivalleiterin Gudrun Geyer erweitert das Festival fortlaufend um neue Reihen, wie z.B. die Regionalschau von Münchner Dokumentaristen und um neue Spielorte. Mit der Gründung eines Trägervereins etabliert ihr Nachfolger Hermann Barth ab 2001 das Dokumentarfilmfestival München international. Nach der Übernahme der Leitung durch Daniel Sponsel 2009 und der Berufung von Adele Kohout zur stellvertretenden Geschäftsführung, wurde 2010 mit DOK.education ein ganzjähriges Medienbildungsprogramm eingeführt und die DOK.tour Bayern, sowie 2011 die Branchenplattform DOK.forum installiert. Darüber hinaus wurden neue Reihen wie DOK.guest, DOK.fokus sowie die Retrospektive eingeführt und das Festival um relevante Wettbewerbe erweitert, wie dem Deutschen Dokumentarfilm — Musikpreis, dem VFF Produktionspreis sowie dem Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts.

Als das mittlerweile größte Dokumentarfilmfestival in Deutschland und eine der relevantesten Plattformen für Dokumentarfilm in Europa folgt das DOK.fest München heute den Leitlinien:

  • Umfassend divers: „Wir möchten mit unseren Filmen die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegeln und auf der Seite des Publikums alle Menschen ansprechen.“
  • Geschichtsbewusst und zukunftsorientiert: „Unser Programm beschäftigt sich mit der Vergangenheit, begleitet Umbrüche im Wandel der Zeit und wirft einen Blick in die Zukunft.“
  • Lokal und global: „Wir leben den Austausch auf Augenhöhe und über Grenzen hinweg, in unseren Filmen und im Gespräch mit Gästen und Publikum.“
  • Ökologisch nachhaltig: „Wir bekennen uns zu den Zielen der Nachhaltigkeit und arbeiten mit zahlreichen zertifizierten Partnern zusammen.“
  • Fair: „Unser Team ist unsere wichtigste Ressource. Wir setzen uns für eine faire Beschäftigungs- und Lohnpolitik ein.“
  • Analog und digital: „Der lange Dokumentarfilm steht für uns im Mittelpunkt. Wir feiern ihn auf der großen Kinoleinwand und sind offen für neue Wegen, um seine Zukunft zu sichern.“

(Daniel Sponsel)

Exzerpt aus Buch / Leseprobe

Auszug aus dem Beitrag „IM KINO. ZUHAUSE – Duale Filmfestivals als Avantgarde: Paradigmenwechsel oder Strukturwandel?“ von Daniel Sponsel (DOK.fest München)

Festivals werden in ihrem Profil von drei prägenden Aspekten definiert – den ortstypischen Standortbedingungen, ihrer kuratorischen Leistung und dem Rahmen, der den Urheber:innen zur Aufführung der Filme geboten wird. Alles zusammen macht die Individualität und die Bedeutung des jeweiligen Festivals aus. Dabei ist Cannes nicht Venedig, Tribeca nicht Hamburg und Saarbrücken nicht Sundance, weder geografisch noch programmatisch. Die Entdeckung der zusätzlichen Möglichkeiten der Digitalisierung während der Pandemie, durch die Präsentation der Filme in ihrem digitalen Kinosaal, bieten den Festivals die Chance, ihr Programm über das Kino und ihre örtliche Bindung hinaus zugänglich zu machen. Die erweiterte Zirkulation der Filme mit dem Potential zum Audience Building und einen erheblichen Effekt auf das gesamte Ökosystem der Kinofilmauswertung liegt auf der Hand. Ist das perspektivisch von Interesse für die kulturelle Filmlandschaft oder der Anfang vom Ende der Kinofilm- und Festivalkultur?

I. Am Anfang war das Kino. Die Debatte um die Rezeptionshoheit
„Im Kino gewesen. Geweint.“ Diese lakonisch-knappe Notiz hat Franz Kafka in seinem Tagebuch am 20. November 1913 der Nachwelt hinterlassen. Hätte er den Moment seiner inneren Bewegung, ausgelöst durch einen Film (durch welchen, ist nicht überliefert) ebenfalls festgehalten, hätte er schon die Möglichkeit gehabt, diesen Film zuhause auf dem Fernseher oder gar auf dem Laptop zu sehen? Ist die zum Großteil dogmatisch geführte Debatte zur Qualität und Nachhaltigkeit der Rezeption eines Films möglicherweise eine müßige Frage, die den aktuellen Herausforderungen der kulturell elementar wichtigen und uns liebgewonnenen Filmkunst nicht gerecht wird? Die mit teils fragwürdigen Argumenten geführte Diskussion um die Kanäle, über die Filmkunst präsentiert werden kann oder darf, trägt derzeit wenig dazu bei, das Überleben dieser Kunst in einer mehr und mehr digitalen Welt zu sichern. Dabei wird oftmals an der Aufgabenstellung vorbei argumentiert und die dringend notwendige Erweiterung der Erlösmöglichkeiten für Kinofilme unnötig verzögert. Das Problem sind gewisse Anbieter im Netz mit ihrer aggressiven Preispolitik, nicht das Netz an sich. Hier wartet ein großes Publikum auf die (Kino)Filmkultur auf der digitalen Leinwand, jenseits des Programms der Streaminganbieter. Müssen wir uns nicht vielmehr fragen, wie uns der abendfüllende narrative Film, ganz gleich ob fiktional oder nonfiktional, als gesellschaftlich vereinbartes Narrativ generell erhalten bleibt? Die ganze Branche und die Politik sind dringend gefordert Lösungen zu finden, denn sonst steht das größte Opfer bald fest: die bisherige Filmkultur selbst.

Macher:innen

(c) DOK.fest München

Daniel Sponsel

studierte Visuelle Kommunikation an der HfbK Hamburg und Regie an der HFF München. Nach dem Studium war er als Regisseur, Autor und Kameramann tätig und wirkte zwischen 2002 und 2009 als Dozent an der HFF München. Aktuell ist er als Gastdozent mit dem Schwerpunkt Dramaturgie und Stoffentwicklung an der ZHDK Zürich und ZELIG Bozen tätig. Er ist Autor diverser Textbeiträge und Publikationen zum Thema Dokumentarfilmtheorie und Distributionspraxis. Seit September 2009 ist Daniel Sponsel Leiter des DOK.fest München.